Interview mit der Kinderbuchautorin Fabienne LämmelDie geheime Superkraft aus Leipzig

Das Schreiben von modernen Heldenstorys ist nur eine der vielen Superhelden-Fähigkeiten der Schriftstellerin Fabienne Lämmel.

Das Schreiben von modernen Heldenstorys ist nur eine der vielen Superhelden-Fähigkeiten der Schriftstellerin Fabienne Lämmel.

Ihre Protagonisten entstanden am Küchentisch: Fabienne Lämmel aus Leipzig.

Foto: zur Verfügung gestellt von Fabienne Lämmel

 

Einst hatte sie Ärger mit dem Weihnachtsmann, weil sie die Bücher so liebte, heute ist das Schreiben ihre Geheimwaffe: Die Kinderbuchautorin Fabienne Lämmel hat eine Superhelden-Saga ins Leben gerufen, die durch Spannung überzeugt und durch Situationskomik glänzt. Dabei dreht sich alles um fünf Teenager, die von einer Geheimorganisation entführt werden, um sie beim plötzlichen Auftreten ihrer ungewöhnlichen Superhelden-Eigenschaften routiniert zu unterstützen. Über den ganz privaten Umgang mit Superkräften hatte die vierfache Mutter im Interview mit Bunter-Blick-Redakteurin Claudia Diana Gerlach so Einiges zu erzählen... !

Die bisher veröffentlichen zwei Bände der SOS-Superhelden-Reihe haben wir bereits vorgestellt, die Links zu den Buchtipps finden Sie/findet Ihr unter diesem Sonntagsinterview.

1. Liebe Fabienne Lämmel, Du bist im Erzgebirge geboren worden, hast von dieser Gegend aber als Kind wenig mitbekommen – wie auf Deiner Webseite zu lesen ist. Woran lag’s?

An meiner Lesewut! Ich war der reinste Stubenhocker, bin wenig raus in die Natur gekommen. Das hat mir übrigens der Weihnachtsmann jedes Jahr erneut unter die Nase gerieben. Jedes Jahr habe ich ihm versprechen müssen, dass ich nicht mehr so ein Stubenhocker sein werde. Doch die Angst vor dem Weihnachtsmann hat nie länger als ein paar Tage gewirkt. Dann bin ich wieder hinter meinen Büchern verschwunden.

Das Beweisfoto: Schon mit 16 war Fabienne Lämmel ein Bücherwurm, der jede Chance zum Lesen nutzte.Das Beweisfoto: Schon mit 16 war Fabienne Lämmel ein Bücherwurm, der jede Chance zum Lesen nutzte.Nicht ohne mein Buch! Die Autorin als Sechzehnjährige beim Spaziergang.Foto: zur Verfügung gestellt von Fabienne Lämmel

2. Was waren damals Deine Lieblingsbücher?

In der ehemaligen DDR gab es nicht so viel Leseauswahl, aber ich habe die Bücher geliebt, die mich in eine fantastische Welt haben eintauchen lassen. Die Bücher von Alexander Wolkow zum Beispiel („Der Zauberer der Smaragdenstadt“) habe ich mehrfach gelesen. Mit etwa 12 Jahren war „Der weiße Wolf“ von Käthe Recheis mein absolutes Lieblingsbuch. Dann habe ich relativ früh Agatha Christie kennengelernt und habe alles gelesen, was ich von ihr in der Bibliothek finden konnte.

3. Wann hast Du mit dem Schreiben begonnen?

Mit etwa 14 oder 15 Jahren. Mein erstes Werk war, soweit ich mich erinnern kann, ein Theaterstück. Es existiert noch und ist ziemlich peinlich, muss ich gestehen. Danach schrieb ich einige Jahre lang Gedichte und sehr kurze Kurzgeschichten. Tatsächlich sind einige davon gar nicht so schlecht und gefallen mir noch heute.

4. Warum hast Du später wieder damit aufgehört?

Aufgehört habe ich während meines Germanistikstudiums. Ich glaube, das ist etwas, was vielen passiert, wenn sie beginnen, sich intensiver mit dem auseinanderzusetzen, was sie zuvor nur nach Gefühl und intuitiv gemacht haben. Das Schreiben war etwas sehr intuitives für mich, aber durch das Studium beschäftigte ich mich plötzlich ganz intensiv mit Literatur, mit den absoluten Klassikern, und kam mir im Zuge dessen mit meinem eigenen Geschreibsel immer kleiner vor. Ich habe dadurch für lange Zeit die Freude am Schreiben verloren.

5. Aus Deiner Biografie lässt sich herauslesen, dass Dein alltägliches Leben sehr ungewöhnlich und sicher auch oft turbulent sein könnte. Mutter von vier Kindern, Kinderbuchautorin … gibt es da noch Zeit für etwas Anderes?

Also mein Tag hat 48 Stunden. Ist also kein Problem, alle Dinge zu schaffen, die ich mir vornehme! Tja, schön wäre es. Ich wünschte, ich könnte meinen Tag beliebig dehnen! Aber tatsächlich gibt es außer dem Schreiben noch eine zweite Leidenschaft: Ich male leidenschaftlich gern abstrakte geometrische Acrylbilder.

6. Wie kamst Du auf die Idee zu Deiner super-originellen, spannenden und witzigen Superhelden-Saga?

Dazu kann ich keine spektakuläre Entstehungsgeschichte liefern. Ich denke mir gern und ständig Geschichten aus und diese ist entstanden, als ich der Frage nachging, was wohl passieren würde, wenn man ganz normalen Jugendlichen sagt, dass sie bald Superhelden sein werden. Nur habe ich bei dieser Geschichte, die in meinem Kopf herumwirbelte, dann zum ersten Mal beschlossen, sie zu Papier zu bringen bzw. in meinen Laptop zu tippen!

Die beiden Bände der SOS-Superhelden-Story.Die beiden Bände der SOS-Superhelden-Story.Garanten für stundenlangen Lesespaß und Spannung.Foto: zur Verfügung gestellt von Fabienne Lämmel

7. Haben Deine fünf Protagonisten gewisse Ähnlichkeiten mit Deinen Kindern?

Eine Sache, die konkret eingeflossen ist, ist der Sport meiner Tochter: der Kanurennsport. Krimhild übt diesen Sport aus, hat sonst allerdings nicht viel mit meiner Tochter gemeinsam. Vielleicht habe ich das verbissene Pflichtbewusstsein von Leistungssportlern ein wenig überzeichnet bei ihr. Eingeflossen ist aber auf jeden Fall die Dynamik zwischen ganz unterschiedlichen Charakteren. Das erlebe ich live in meiner Familie, was zum Teil anstrengend, aber sehr oft auch lustig ist. Und es entsteht eine Dynamik, bei der das Ganze größer ist als die Summe der einzelnen Teile. Das finde ich sehr faszinierend.

8. Musst Du im Alltag oft Deine eigene Superheldenkraft einsetzen?

Ich darf da eigentlich nicht drüber sprechen (Superheldengeheimhaltungsgesetz!), aber dir verrate ich es: Ich besitze mehrere Superkräfte! Erst gestern kam eine davon zum Einsatz, die Ich-erkenne-wer-als-letztes-aus-der-Eisdose-gegessen-hat-Superkraft. Die löst immer sehr viel Erstaunen bei meinen Kindern aus!

9. Welche/n Deiner fünf Buchheld *innen kannst Du am besten verstehen?

Mh, schwierige Frage. In alle fünf kann ich mich recht gut hineinversetzen. Ich muss aber sagen, dass mir Olivia mit der Zeit immer mehr ans Herz gewachsen ist. Nach Band 1 habe ich Rückmeldungen bekommen, die Olivia als klischeehafte Schminktussi abgetan haben. Das habe ich gar nicht verstanden, denn in meinen Augen ist sie eine sehr starke Persönlichkeit und wenn andere ihre Leidenschaft fürs Schminken negativ auslegen, gehen diese doch sehr oberflächlich an sie heran. Vielleicht wird in Band 2 klarer, was Olivias Charakter ausmacht. Und ich kann mich gut mit ihrer tollpatschigen, leicht planlosen Art identifizieren. Außerdem gleicht ihr Orientierungssinn dem meinen! Mich unter Paris verlaufen und die Sprengladung an der falschen Stelle anbringen, das könnte mir genauso passieren wie Olivia!

10. Und welche der vielen Superhelden-Eigenschaften aus Deinem Buch hättest Du selbst gerne?

Ehrlich gesagt ändert sich das immer mal. Momentan finde ich telekinetische Kräfte ziemlich cool. Schwere Einkaufstaschen tragen? Kein Problem mit Telekinese. Ich sitze am Esstisch und merke, dass ich etwas vergessen habe? Schon öffnet sich der Schrank und schwupp, da ist ja schon das Ding, das noch gefehlt hat!

Superhelden unter sich: Die Autorin und ihre Bücher.Superhelden unter sich: Die Autorin und ihre Bücher.Foto: zur Verfügung gestellt von Fabienne Lämmel

11. Hast Du eine Lieblings-Szene?

Ja, im ersten Teil „SOS-Superhelden. Eine zweifelhafte Prophezeiung“ ab Seite 162 die Szene, in der Olivia, Krimhild und Kolja im Fahrstuhl stehen und nach Darmstadt reisen sollen. Wenn sich dann herausstellt, dass Olivia den falschen Code eingegeben hat, Kolja einen Revolver zieht und ihn dann auch noch mit Namen anspricht und Krimhild ihre Schimpftirade loslässt, freue ich mich immer wieder über das Chaos und die Dynamik zwischen den Protagonisten.

12. Wann geht es weiter mit dieser modernen Heldenstory? Oder gibt es andere Buchprojekte?

Auf jeden Fall erscheint 2022 der dritte Teil. Ich weiß, das habe ich auch für 2021 versprochen. Obwohl das Manuskript schon längst fast fertig ist, hat mich bisher irgendetwas noch von dem endgültigen „Ende“ abgehalten. Nach einer längeren Pause von meinen Superhelden bin ich nun guter Dinge, das Manuskript von Teil 3 nun tatsächlich abschließen zu können! Es wird noch einen finalen vierten Teil geben, bevor die Reihe dann endgültig zu Ende ist.

Und eine letzte Frage: Wie und wo schaffst Du es, im Großfamilien-Trubel zu schreiben?

Seit einiger Zeit habe ich einen eigenen Schreibtisch, an den ich mich zurückziehen und kreativ sein kann. Zuvor habe ich mich mit meinem Laptop an den Küchentisch gesetzt und geschrieben. Am schreibkreativsten bin ich früh am Morgen und dann wieder am Abend. Nach einer Zwangspause wegen zweimal defektem Laptop muss ich nun wieder in den Rhythmus hineinfinden und mir jeden Tag die Zeit fürs Schreiben nehmen.

Liebe Fabienne Lämmel, wir bedanken uns ganz herzlich für dieses Interview!


Und hier sind die versprochenen Links zu den Buchbesprechungen:

SOS-Superhelden - Eine zweifelhafte Prophezeiung von Fabienne Lämmel

SOS-Superhelden - Graue Erinnerungen von Fabienne Lämmel


 

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