Interview mit der Schriftstellerin Mirjam MünteferingDie Magierin der Worte

Schriftstellerin mit einem Herz für Tiere: Mirjam Müntefering.

Schriftstellerin mit einem Herz für Tiere: Mirjam Müntefering.

Die Autorin Mirjam Müntefering lässt ihre Tierliebe gerne in ihre Romane und Kinderbücher einfließen.

Foto: zur Verfügung gestellt von Mirjam Müntefering

Sie zaubert neue Welten, indem sie durch die Magie ihrer Worte Geschichten erstehen lässt: die Schriftstellerin Mirjam Müntefering, die ihr Erzähl-Talent entdeckte, als sie noch ein kleines Mädchen war. Die Autorin schreibt in den unterschiedlichsten Genres: Liebesromane, Kinderbücher und Fantasy, und ihre schriftstellerisches Werk soll noch dieses Jahr die beeindruckende Zahl von 50 Büchern erreichen. Zusätzlich kümmert Mirjam Müntefering sich um Tiere, betreibt einen äußerst lebendigen Instagram-Account, organisiert Workshops und Online-Veranstaltungen. Es ist wirklich an der Zeit, diese quirlige Powerfrau in einem Sonntagsinterview vorzustellen. Bunter-Blick-Redakteurin Claudia Diana Gerlach plauderte mit dieser Magiern der Worte über Bücher, Hunde und den Watson in ihrem Leben. Zwei Kinderbücher der Autorin stellen wir hier in der nächsten Woche vor. 😊

Liebe Mirjam Müntefering, wie schön, dass Du dir Zeit nimmst für ein paar buntgemischte Fragen, die ich Dir stellvertretend für viele Deiner Leser*innen stellen möchte!

 

Super gern! Danke für die Anfrage – das hat mich riesig gefreut.

1. Du hast die Welt mit Deinen Geschichten unterhalten – wenn man sich Deine Erzählungen zu Deinem Leben durchliest - , noch bevor Du überhaupt schreiben konntest. Gab es in Deiner Familien Vorbilder, also Geschichtenerzähler*innen oder Schriftsteller*innen, die Dich inspiriert haben?

Unsere Eltern haben meiner Schwester und mir zwar vorgelesen, aber im Fabulieren waren sie beide nicht besonders (lach). Stattdessen trat meine Tante Anneliese auf den Plan, eine Cousine meines Vaters. Die erzählte Märchen und Geschichten einfach so frei – und wenn ich wollte, dass die Geschichte anders weiterging oder ein anderes Ende hatte, war sie sehr flexibel. Ich glaube, da habe ich gelernt, dass wir selbst Einfluss auf die Geschichten nehmen können.

2. Erinnerst Du Dich an eine der Geschichten besonders gern, die Du dann zu Papier gebracht hast, sobald Du schreiben konntest?

Meine Kindergeschichten drehten sich immer um Tiere. Ein Mädchen, das sich mit dem Marienkäfer Lui anfreundet. Zwei Geschwister in den USA, die einen verletzten Puma pflegen und sich mit ihm anfreunden. Für mich waren als Kind Tiere einfach das zentrale Thema. – In der Pubertät änderte sich das dann – hi hi – denn da habe ich z.B. ein richtiges kleines Buch geschrieben, in dem alle Mädchen meiner damaligen Schulklasse mitspielten. Jede bekam die Liebesgeschichte und das Happy End mit ihrem jeweiligen Schwarm. (War nicht immer leicht, denn das konnte mitunter rasch wechseln…und damals schrieb ich auf einer alten, ausrangierten Schreibmaschine, die „Suche/Ersetz“ bei Namen einfach nicht beherrschte.) Das hatte zur Folge, dass diese Geschichte das meistgelesene Buch unter uns Mädchen in der Klasse war.

Ich würde sagen: Ich habe damals meine Zielgruppe klar erkannt und voll bedient. ;o)

Quirlige Powerfrau: die Autorin Mirjam Müntefering.Quirlige Powerfrau: die Autorin Mirjam Müntefering.Ihr literarisches Werk erreicht in diesem Jahr die magische Zahl 50.Foto: zur Verfügung gestellt von Mirjam Müntefering

3. Wie haben Deine Familie und Deine Freunde auf die kleine Schriftstellerin reagiert?

Sie fanden es alle super. Ich steckte voller Ideen. Auch beim Spielen habe ich damals schon „Worldbuilding“ geübt, ohne es zu wissen.

4. Schreiben hat für Dich mit Zaubern zu tun – wie kommst Du auf diesen Gedanken? Ist Schreiben für Dich magisch oder zauberst Du neue Buchwelten?

Ich erfinde ja ganz neue Welten und Figuren, Menschen, Tiere. Etwas, das es vorher noch nicht gab, sondern aus mir heraus wächst. Das fühlt sich schon manchmal wie Zaubern an, wie ein kleines Wunder. Deswegen kann ich auch immer so begeistert über meine eigenen Bücher sprechen – denn oft kommt es mir gar nicht so vor, als seien sie meine „Leistung“, sondern als seien sie mir auf magische Weise einfach so zugeflogen und ich hätte sie nur aufschreiben müssen.

(Hey, ich weiß, dass Schreiben harte Arbeit sein kann – aber trotzdem hat es immer wieder etwas Wundervolles an sich.)

5. Hast Du nach der Schule sogleich als Autorin gearbeitet?

Ich habe tatsächlich erst mal am Theater gearbeitet und dann Film- und Fernsehwissenschaften studiert und Examen gemacht. Dann habe ich eine Ausbildung beim Fernsehen abgeschlossen, fand die Arbeit als Redakteurin aber nervenaufreibend, zerstörerisch für mich. Es herrschte ein unheimlicher Druck. Zusammen mit irre langen Arbeitstagen erschöpfte mich diese Arbeit sehr.

Geschrieben und veröffentlicht habe ich da schon, aber ich konnte natürlich nur davon träumen, von Schreiben leben zu können. Daher habe ich mir etwas ganz anderes überlegt und zur großen Freude meiner Eltern (die mein Studium finanziert hatten) meine eigene Hundeschule aufgemacht. Die habe ich 21 Jahre lang erfolgreich geführt, hatte streckenweise 7 angestellte Trainerinnen. Aber die beiden Traumberufe – jeder für sich einfach wundervoll! – nebeneinander haben mich aufgezehrt. Es waren zwei Full time Jobs. Im Winter 2011/12 erkrankte ich an Krebs und nahm das als Warnsignal. Weil meine Bücher damals schon immer besser liefen, fuhr ich die Hundeschule runter, spezialisierte mich auf die Zielobjektsuche und arbeitete nur noch mit zwei Co-Trainerinnen. Ende 2021 habe ich die Schule dann an eine der beiden als meine Nachfolgerin übergeben. Bei ihr ist mein Hundeschulbaby in guten Händen. Und ich kann mich endlich ganz ausschließlich dem Schreiben widmen.

6. Du hast inzwischen über 40 Bücher geschrieben und für dieses Jahr neue Werke angekündigt: Gibt es schon spruchreife Nahrichten über geplante Neuerscheinungen?

Ich kann es selbst kaum glauben, aber in diesem Jahr ist tatsächlich ganz frisch Nummer 47 erschienen: „Mut auf sanften Pfoten“, ein weiteres Kinderbuch für den Hase und Igel Verlag, in dem es um ein Mädchen geht, das sich um eine Streunerkatze kümmert. Dabei überwindet sie ihre Schüchternheit und die Angst vor den frechen Nachbarsjungen, mit denen sie sich schließlich sogar anfreundet. Eine echte Mutmachgeschichte.

Das Mädchen ist ein Kind of Color, was jedoch im Text nicht erwähnt wird, sondern nur in den Illustrationen rauskommt – sodass Diversität ganz selbstverständlich sichtbar ist, ohne problematisiert zu werden.

Am 24.Februar erblickt dann Buch Nummer 48 das Licht der Welt: der erste Band meiner Cosykrimi-Reihe „Mord und Wischmopp“ bei Ullstein. Pamela Schlonski, eine selbstbewusste, alleinerziehende Mutter, Inhaberin der kleinen Firma Sauberzauber ermittelt auf eigene Faust um Ruhrgebiet und kabbelt sich ein bisschen mit dem aus Bremerhaven stammenden Kommissar.

Spannender Mordfall, aber es gibt auch viel zu lachen.

Eine spannende Auswahl an Kinderbüchern von Mirjam Müntefering.Eine spannende Auswahl an Kinderbüchern von Mirjam Müntefering.Zwei dieser Kinderbücher stellen wir Euch in der nächsten Woche als Lesetipps vor!😊Foto: zur Verfügung gestellt von Mirjam Müntefering

7. Du schreibst in unterschiedlichen Genres unter verschiedenen Pseudonymen. Als Fantasy-Autorin bist Du Mary E. Garner, Liebesromane aus England veröffentlichst Du unter dem Namen Pippa Watson oder Rosie Adams. Was ist der Grund für die vielen Namen? Schlüpfst Du beim Schreiben in unterschiedliche Rollen?

Beim Schreiben bin ich immer ich – und ich liebe einfach so viele unterschiedliche Genres, will mich nicht auf eines festlegen. (Obwohl immer behauptet wird, dass das nicht funktioniert. Ha!) Bei „Mord und Wischmopp“ heiße ich übrigens Mirjam Munter – und muss immer lachen, wenn ich den Namen lese.

Der Grund für die Pseudonyme ist zum einen, dass so für die Lesenden das Genre gleich klar zuzuordnen ist, zum anderen, dass manchmal Bücher im gleichen Programm in unterschiedlichen Verlagen erscheinen. Die Buchhändler*innen würden nur einen der Titel einkaufen, würden sie alle unter meinem Klarnamen erscheinen. Also rein wirtschaftliche Gründe.

8. Gibt es außer dem Watson in der Schriftstellerinnen-Zeile noch einen weiteren Watson in Deinem Leben?

Als ich vor ein paar Jahren meinen Schreibwagen (ein extra für mich aufgebauter Bauwagen, hübsch eingerichtet mit Holzpanelen, Tapeten, englischem Schreibtisch etc.) im Garten aufstellen ließ, musste er einen Namen bekommen. Da lag es nahe, eines meiner Pseudonyme aufzuteilen. Neben der Tür hängt jetzt ein Schild:

Pippa & Watson

Fine Books

9. Hast Du noch Zeit für andere Dinge, die Dir Freude bereiten?

Definitiv. Das ist super wichtig. Ich gärtnere gern in unserem großen Garten, diese Arbeit erdet mich und gibt mir viel zurück. Außerdem reite ich. (Zu unserer Familie gehört das Schottisches Highlandpony Haze, aber ich reite die Friesenstute einer Freundin, Jeltje.) Natürlich lese ich auch gern, treffe mich mit Freund*innen, gehe gern täglich mit den Hunden spazieren. Das ist alles Qualitytime für mich.

10. Tiere, vor allem Hunde, spielen in vielen Deiner Bücher eine wichtige Rolle. Ist das auch in der Realität so?

Immer – LACH! Ich liebe unsere „Haustiere“, die beiden Cockermädels, aber auch die vielen Meerschweinchen aus dem Tierschutz, die vor dem Kochtopf geretteten Hühner, die Streunerkatzen, die wir füttern. Daher ist mir auch Tierschutz wichtig – nicht nur bei den niedlichen Tieren, sondern auch und vor allem bei den sogenannten „Nutz“tieren.

Die Autorin Mirjam Müntefering war schon als kleines Mädchen eine große Geschichtenerzählerin.Die Autorin Mirjam Müntefering war schon als kleines Mädchen eine große Geschichtenerzählerin.Gleich ihr erstes Buch wurde ein Hit: in ihrer damaligen Schulklasse! 😉😎😊Foto: zur Verfügung gestellt von Mirjam Müntefering

11. Eine Facette von Dir ist das Unterstützen und Schreiben von queerer Literatur, auch im Bereich Kinderbuch. Im letzten Jahr hattest Du gemeinsam mit anderen Autor*innen das Instagram-Online-Event „Facettenreich lesen“ initiiert. Ist das in diesem Jahr auch wieder geplant und welche Deiner Kinderbücher gehören in dieses Programm?

Initiiert wurde das Event von meinem lieben Kollegen Martin Gancarczyk, der uns zehn Autor*innen zusammengebracht hat. Nachdem das Event letztes Jahr gut ankam, werden wir es dieses Jahr wieder anbieten. Es läuft vom 1.-8.Mai, mit täglichen Lesungen, Diskussionsrunden, Panels zu unterschiedlichen Themen, die sich alle mit der Vielfalt unserer Gesellschaft und unserer Verantwortung als Schreibende auseinandersetzen.

In Kürze wird das Programm auf dem @facettenreichlesen Account auf Instagram veröffentlicht – also am besten jetzt schon folgen. ;o) Es wird aber auch eine Landingpage geben.

Zusammen mit zwei Kolleginnen werde ich wieder ein Panel zu Kinderbüchern machen. Wir stellen facettenreiche Bücher vor. In dem Rahmen werde ich auch kurz mein „Mut auf sanften Pfoten“ zeigen, aber auch „Das Volk der Honigsammler“. Da geht es um Bienen, aber in der Geschichte ist ein Mädchen auf den Rollstuhl angewiesen – was auch nicht problematisiert wird. Eine selbstverständliche Sichtbarkeit also.

Lesen werde ich in diesem Jahr aus meinem Buch „Unversehrt“, eine lesbische Liebesgeschichte rund um das Thema Schuld und Vergebung.

Das Thema Diversität im Kinderbuch liegt der Autorin sehr am Herzen.Das Thema Diversität im Kinderbuch liegt der Autorin sehr am Herzen.Mirjam Müntefering präsentiert kleine und große Romanhelden jeglicher Couleur.Foto: zur Verfügung gestellt von Mirjam Müntefering

12. Welches Buch würdest Du neuen Leserinnen und Lesern aus dem Bereich Kinder- und Jugendbuch besonders ans Herz legen?

Schweeeeere Frage. Vielleicht zwei Bücher meiner Kollegin Kathrin Schrocke: „Freak City“ (Gehörlosigkeit) und „Bunte Fische überall“ (LGBT).

Und noch eine letzte Frage: Auf Deiner Webseite präsentierst Du ein Zitat von Marc Aurel „Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an“. Welche Farbe hat Deine Seele?

Gemeint ist damit eigentlich, dass die Gedanken, die uns ständig beschäftigen, auf uns abfärben und uns in eine Richtung leiten. Wir sollten gut überlegen, womit wir uns beschäftigen, denn das wird uns nähren so wie unser Essen unseren Körper nährt.

Aber deine Frage bezieht sich noch auf einen anderen Aspekt – die Farben, die wir in uns tragen … Meine Seele ist Grün mit goldenen Sprenkeln, mal etwas dunkler, mal frühlingshell ;o)

Liebe Mirjam Müntefering, wir bedanken uns ganz herzlich für dieses Interview!

GERNE!

Und; Bei der letzten Frage war die Versuchung einfach zu groß, das Zitat einmal ganz wörtlich zu nehmen, denn wir schreiben ja hier mit dem "bunten Blick". 😊😉

Zwei Buchvorstellungen zu Kinderbüchern folgen hier im Bunten Blick in Kürze!

 

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