Interview mit Verlegerin Barbara MiklawEine Frau mit wunderbaren Ideen

Die Chefin des Mirabilis-Verlages aus Meißen: Barbara Miklaw.

Die Chefin des Mirabilis-Verlages aus Meißen: Barbara Miklaw.

Ihr Weg zur Verlagschefin lief auf verschlungenen Pfaden, denn Barbara Miklaw ist diplomierte Wasserbau-Ingenieurin.

Foto: zur Verfügung gestellt von Barbara Miklaw

In Meißen entfaltet sich gerade etwas ganz Besonderes: der unabhängige Buchverlag Mirabilis, den die couragierte Unternehmerin Barbara Miklaw im Jahre 2011 gegründet hat - weil viele bekannte Autor*innen sie darum gebeten hatten. Barbara Miklaw, die als Kind Dauergast in der Schulbibliothek war, kam auf verschlungenen Pfaden zu ihrem jetzigen Beruf als Verlagschefin, denn die Mutter zweier Kinder ist eigentlich eine gestandene Dipolom-Ingenieurin für Wasserbau... Bunter-Blick-Redakteurin Claudia Diana Gerlach sprach mit der Verlegerin über Lebenspfade, Bücherliebe und die Entstehungsgeschichte des außergewöhnlichen Mirabilis Verlages

1. Liebe Frau Miklaw, Sie sind die Chefin des Mirabilis Verlages - eines unabhängigen Buchverlages mit Sitz in Meißen - der eine bunte Palette aus Belletristik, Lyrik und Sachbüchern für Kinder anbietet. Ist der Name des Verlages im Sinne des lateinischen Wortes zu verstehen, wo das Wörtchen „mirabilis“ ja u.a. für etwas Wunderbares steht? Oder steckt eine andere Geschichte hinter der Namensgebung?

 

Ja, genauso war es gedacht: Der Verlag sollte etwas Wunderbares werden. Für mich war es ja schon ein Wunder, dass ich mich das überhaupt getraut habe.

2. Schon als Kind haben Sie das Lesen geliebt und alle Bücher in der Bibliothek Ihrer Schule durchgeschmökert. War es dann ein gradliniger Berufsweg in Ihr heutiges Leben als Verlagschefin?

Nicht so ganz ... Ich wollte ursprünglich Germanistik/Literaturwissenschaft studieren, um als Verlagslektorin arbeiten zu können, bin dann aber leider an der Uni in Jena durch die Aufnahmeprüfung gefallen. Ich hätte die Prüfung wiederholen können, aber ich war auch jung und ein bisschen trotzig und dachte: Dann eben nicht, mich interessieren auch noch andere Dinge. Und so habe ich Wasserbau an der TU Dresden studiert und bin also eine Dipl.-Ing. für Wasserbau. Ich glaube, das war auch der richtige Weg, um mehr Verständnis für praktisches Geschehen zu bekommen – und es ist wirklich ein toller Beruf. Nach Stationen als Planungsingenieurin und Sachverständige habe ich aber auch freiberuflich als Lektorin für Baufachverlage gearbeitet – und damit war ich dann meinem ursprünglichen Berufswunsch doch schon recht nahe.

3. Wie entwickelte sich die Idee, einen eigenen Buchverlag zu gründen?

Übers Bloggen habe ich aber auch sehr gute Autoren kennengelernt – Rainer Rabowski zum Beispiel und Lothar Struck, der großartige Essays zum Werk von Peter Handke verfasst hat. Und das waren dann auch die ersten Verlagsautoren, die schon dazu beigetragen haben, dass sich die Idee einer Verlagsgründung bei mir festgesetzt hatte. Im Sommer 2011 ging ich dann kurz entschlossen zum Gewerbeamt und meldete meinen Verlag an – schon sehr aufregend.

4. Wie waren Ihre damaligen Erfahrungen als frischgebackene Verlegerin?

Ich hatte nur eine vage Ahnung von den Strukturen des Buchmarktes, von Vertrieb und Marketing. Zum Glück kannte ich aber Verleger, die ich fragen konnte und die mir mit guten Hinweisen halfen. Es reicht nicht, gute, wichtige und schöne Bücher herauszugeben – um wirtschaftlich arbeiten zu können und um auch den Autoren gerecht zu werden und ihnen (und dem Verlag) zu Aufmerksamkeit zu verhelfen, muss man die Bücher auch bewerben und verkaufen. Das ist der Teil des Verlegens, der anstrengender ist und weniger Spaß macht, der aber natürlich unverzichtbar ist.

Ein Büchertisch mit einer Auswahl des Verlagsprogramms im Jahre 2020.Ein Büchertisch mit einer Auswahl des Verlagsprogramms im Jahre 2020.Eine bunte, wunderbare Mischung!Foto: zur Verfügung gestellt von Barbara Miklaw

Inzwischen hat Birgit Böllinger mit ihrem Büro Text und Literatur die Pressearbeit für den Verlag übernommen und leistet da eine ganz großartige Arbeit. Und seit ca. 8 Jahren gestaltet Florian L. Arnold - Künstler, Grafiker und auch Autor meines Verlags - die Umschläge der meisten Bücher. Und mit dieser Teamarbeit funktioniert alles natürlich viel besser als allein.

5. Sie sind mit Ihrem Verlag regelmäßig auf Messen, auch der Besuch der Leipziger Buchmesse, die ja leider wieder kurzfristig abgesagt werden musste, war in diesem Jahr als fester Program-Punkt eingeplant. Was gefällt Ihnen an der Leipziger Buchmesse - wenn sie denn stattfindet…?

Die Leipziger Messe ist eine bunte Publikumsmesse mit vielen Besuchern, die sich wirklich für Bücher und ihre Autoren interessieren. Ich mag das Messegefühl – schon beim Aufbau, wenn in den Hallen noch aufgebaut und gewerkelt wird, und ich vermisse die wunderbaren Gespräche mit den Lesern und natürlich auch das Wiedersehen mit den Kollegen, das immer so schön und bereichernd ist. Außerdem ist das Programm „Leipzig liest“ einzigartig – die vielen Lesungen an den schönsten Orten in der Stadt oder auch direkt auf der Messe, das ist immer wieder etwas Besonderes.

Der Mirabilis Verlag war auch bei der Buch Wien im vergangenen Jahr dabei.Der Mirabilis Verlag war auch bei der Buch Wien im vergangenen Jahr dabei.Barbara Miklaw nutzt die Buchmessen gern zum Austausch mit Lesern, Autoren und anderen Verlagen.Foto: zur Verfügung gestellt von Barbara Miklaw

6. Nimmt der Mirabilis-Verlag an dem alternativen Messeprogram vom 17. bis 20. März teil oder sind andere Lesungen und Aktionen geplant – etwa in Leipzig oder Meißen?

Wir sind beim Programm Weiterlesen:22 dabei mit einem Bücherstand am 19./20. März im Felsenkeller in Leipzig. Das Programm findet man bei https://weiterlesenleipzig.de/ . Von dort aus wird es auch einen Livestream zu https://buchschnittchen.de/ geben – eine großartige Initiative des Schöne-Bücher-Magazins https://www.schoenebuecher.net/ und schon die zweite Online-Veranstaltung zur Vorstellung unabhängiger Verlage. – Außerdem haben wir am Freitag, dem 18.03., drei Lesungen: Carola Wegerle liest am Vormittag in der Stadtbibliothek Markkleeberg, Muntaha Al-Robaiy und Nicole Nickler sind ebenfalls 10 Uhr in der KiTa Musikus und am Abend liest Herbert Heinrich Beckmann aus seinem spannenden Roman „Es sind Kinder“ in der Bibliothek in Reudnitz. (Diese Informationen haben wir aus aktuellem Anlass vorab in unserem Artikel /leipzig-liest-trotzdem-preisverleihung-und-alternative-leipziger-buchmesse/ veröffentlicht.)

Die nächste Aktion in Meißen ist das Literaturfest vom 10. bis 12. Juni, auf das ich mich auch schon freue.

Eine Haiku-Lesung im Gohliser Schlösschen in Leipzig.Eine Haiku-Lesung im Gohliser Schlösschen in Leipzig.Foto: zur Verfügung gestellt von Barbara Miklaw

7. Neben dem Belletristik-Angebot gibt es bei Ihnen auch ein schnell wachsendes Sortiment mit Sachbüchern für Kinder. Was ist für Sie das Besondere an dieser Buchform?

In der Reihe „Schau hinter die Kulissen“ erscheinen Sachbücher für das Grundschulalter. Sie erzählen jeweils eine hübsche Geschichte zu Berufen oder Ereignissen und enthalten dabei auch kleine Wissenskästen, in denen Erkenntnisse zusammengefasst werden. So sind sie unterhaltsam und spannend, vermitteln aber auch Wissen. Im Moment erscheint gerade nach „Eine Erzählung vom Theater“ von Carola Wegerle und „Nico, Emmi und der Wetterfrosch“ von Renate Klöppel der dritte Band: „Die Brücke. Wie funktioniert dein Gehirn?“, wieder von Carola Wegerle. Sehr schön und auch für die Unterrichtsbegleitung geeignet ist aber auch „Wer denkt sich die Wörter aus? Eine Wort-Schatz-Suche“ von Brigitte Schniggenfittig, Jörg Wagner und Dieter Gilfert.

8. Gerade frisch erschienen in dieser Sparte ist das Kinderbuch „Mein buntes Zuhause“, das Anregungen für Erzieher*innen und Lehrer*innen bietet, um das Miteinander von Kindern aus unterschiedlichen Kulturen zu fördern, indem sie durch bunte Wimmelbilder, Kurzgeschichten und viele Informationen zum Erzählen und Austauschen angeregt werden sollen. Gibt es zu diesem außergewöhnlichen Buch eine ebenso außergewöhnliche Entstehungsgeschichte?

Das Buch ist so gedacht, dass Erzieher in Kindergärten und Grundschulen es sich gemeinsam mit den Kindern anschauen und im gemeinsamen Erzählen nicht nur das Fremde, Unbekannte, sondern vor allem das Verbindende zwischen allen Menschen und Kulturen herausfinden. Die beiden Herausgeber, Dr. Andreas Sieger und Pfarrer Sören Brenner, haben die Idee mehrere Jahre mit sich herumgetragen und viele verschiedene Menschen befragt und um kleine Beiträge gebeten, dann mit der Illustratorin Mariana Lepadus zusammengearbeitet – und nun ist ihr gemeinsames Buch endlich da. Am 6. April ist die Premierenbuchvorstellung in der Stadtbibliothek in Halle.

Diese Neuerscheinung aus dem Mirabilis-Verlag enthält Texte von Friedrich Kramer und Gregor Gysi.Diese Neuerscheinung aus dem Mirabilis-Verlag enthält Texte von Friedrich Kramer und Gregor Gysi.Die Rezension zu diesem ungewöhnlichen Kinder-Sachbuch gibt es nächste Woche im Bunten Blick. 😊Foto: Mirabilis Verlag

9. 2018 wurde Ihrem Buchverlag die große Ehre zuteil, Mitglied im Freundeskreis der Kurt Wolff Stiftung zu werden. Wie kam es dazu?

Ja, darüber war und bin ich ganz glücklich. – Ich hatte mich darum beworben und Bücher eingereicht - und es hat tatsächlich geklappt.

10. Was sind für Sie die bisherigen „Highlights“ in Ihrem Leben als Verlegerin?

Oh ... hm ... Jedes neue Buch, das mich aus der Druckerei erreicht, ist ein Highlight. Ich freue mich auch über jede schöne und fundierte Rezension. Jede Messe ist etwas Besonderes. Die Zusammenarbeit im Netzwerk Schöne Bücher, jedes Interview – mit dem MDR oder auch dieses hier mit Ihnen -, die Buchpremiere von Li Erben mit über 100 Gästen im Lingnerschloss Dresden oder die von Reinhard Kuhnert im Roten Salon der Volksbühne. Eigentlich alles, was auch Aufmerksamkeit für den Verlag und die Autoren erzielt.

11. Seit kurzem erscheint in Ihrem Verlag auch eine Lyrik-Edition, die die Werke junger Dichter präsentiert. Wie ich gehört habe, hatte diese neue Idee eine äußerst ungewöhnliche Vorgeschichte?

Mein jüngerer Sohn Andres war vor einigen Jahren oft in Studentenkreisen in Weimar und Jena unterwegs und berichtete dann von Wohnzimmerlesungen, bei denen eigene Lyrik vorgetragen und auch musiziert wurde. Er lernte dabei den jungen Lyriker und Literaturwissenschaftsstudenten Marius Tölzer kennen und schwärmte zu Hause von seinen Gedichten. Daraufhin habe ich ihm vorgeschlagen, selbst eine kleine Lyrik-Edition unter meinem „Verlagsdach“ herauszugeben. Und das hat er dann tatsächlich auch gemacht. Der erste Band war 2018 „Ein rätselschönes Schweigen“ von Marius Tölzer, der zweite dann 2020 „Chrysalis“ von Anselm Retzlaff. Der nächste Band wird sicher erst im nächsten Jahr erscheinen.

12. Was bedeutet der Name dieser neuen Lyrik-Edition: „tas:ir“?

Unser Familienname ist lettischen Ursprungs, deshalb tas ir – lettisch für „es ist“.

13. Gibt es einen Austausch mit anderen Buchverlagen?

Immer und sehr gern, das ist etwas Unverzichtbares. In Netzwerken wie dem Freundeskreis der Kurt Wolff Stiftung, im Netzwerk der Unabhängigen Verlage, auf Messen, bei persönlichen Treffen. Zum Beispiel auch im kleinen Kreis unterm Kirschbaum in meinem Garten.

Der Mirabilis Verlag war auch bei der Messe "Dresden erlesen" präsent.Der Mirabilis Verlag war auch bei der Messe "Dresden erlesen" präsent.Verlagschefin Barbara Miklaw ist in vielen Messestädten unterwegs.Foto: zur Verfügung gestellt von Barbara Miklaw

14. Können Sie uns schon etwas über die geplanten Neuerscheinungen in diesem Jahr verraten?

Jetzt im Frühjahr sind erschienen: „Die Brücke“ von Carola Wegerle, „Layla aus dem Zauberwald“ von Muntaha Al-Robaiy und Nicole Nickler, „Mein buntes Zuhause“, „Zeit zieht nicht. Erzähl mir von Darjeeling“ von Wolfgang Allinger und Ute Kliewer. Etwas später kommt der Debütroman „Geistreich und Wandel“ von Rike Springer, einer österreichischen Autorin, im Herbst dann noch ein wunderbarer Roman von Sylvia Frank und voraussichtlich noch ein Erzählband von Reinhard Kuhnert. Das ist für meinen Verlag relativ viel, was auch daher kommt, dass wir in den letzten beiden Jahren fast fertige Bücher zum Teil zurückgestellt haben, damit sie zu einem späteren Zeitpunkt mehr Aufmerksamkeit finden können. Sonst erscheinen maximal vier bis fünf Bücher pro Jahr.

Liebe Frau Miklaw, wir bedanken uns ganz herzlich für dieses Interview! 💐

Vielen herzlichen Dank an Sie für das freundliche Gespräch!


Die Rezension zu dem Kindersachbuch "Mein buntes Zuhause" erscheint nächste Woche im Bunten Blick. 😊


 

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